Schaumstoffe
Polymere Schaumstoffe weisen durch ihre zelluläre Struktur einzigartige Eigenschaften auf. Ihr geringes Gewicht und ihre mechanische Dämpfung gepaart mit ausgezeichneter thermischer und akustischer Isolation machen Schäume für viele Einsatzgebiete attraktiv. Dazu zählen Anwendungen in der Wärmedämmung, der Verpackung, der Schuhtechnologie, im konstruktiven Leichtbau und viele mehr.
Wir forschen an der gezielten Einstellung von Struktur und Eigenschaften polymerer Schaumstoffe. Dafür modifizieren wir Polymere, nutzen existierende Fertigungsprozesse, entwickeln neue Verfahren und untersuchen detailliert die resultierenden Eigenschaften.
Ausgewählte Anwendungen unserer Forschung
- Transportwesen (Leichtbau, Energieabsorption, Dämmung)
- Energietechnik (Leichtbau, Wärmedämmung, Funktionsintegration)
- Sporttechnologie (Schuhe)
- Elektrik & Elektronik (Leiterplatten)
- Verpackung (Wärmedämmung, Energieabsorption)
Bei der Schaumextrusion handelt es sich um ein kontinuierliches Verfahren zur Herstellung von Schaumplatten und -folien. Das Polymer wird in der Schmelze mit einem oder mehreren Treibmitteln unter hohem Druck imprägniert. Zusätzlich können Additive wie Nukleierungsmittel oder Füllstoffe eingesetzt werden. Durch den rapiden Druckabfall an der Düse wird ein thermodynamisches Ungleichgewicht in der Polymerschmelze erzeugt, was zum Aufschäumen des Polymers führt. Um die Prozessschritte Plastifizierung / Imprägnierung und Kühlung / Temperierung der Schmelze zu trennen, setzt man häufig zwei Extruder im Tandemaufbau ein.
Uns stehen für die Forschung zwei derartige Tandem-Extrusionsanlagen zur Verfügung. Damit decken wir den Labor- und Technikums-Maßstab ab. Unser Erfahrungsschatz umfasst das gesamte Spektrum an Polymeren von Standardkunststoffen über technische Thermoplaste bis zu Hochtemperatur-Thermoplasten.
Dabei decken wir auch biobasierte und bioabbaubare Polymere wie Polymilchsäure (PLA) ab. PLA weist beispielsweise vergleichsweise gute mechanische Kennwerte und einen geringen CO2-Fußabdruck auf. Durch diese Eigenschaften ist es vor allem für die Verpackungsindustrie interessant. Die geringe Schmelzefestigkeit von PLA und die damit schlechte Schäumbarkeit beeinflussen wir gezielt durch Additive. Durch den Einsatz von Kettenverlängerern erzielen wir geringe Dichten bei kleineren Zellgrößen und höheren Druckfestigkeiten.
Einen weiteren Beitrag zur Nachhaltigkeit liefern wir durch Schäume aus rezyklierten ‚Flaschen-PET“ (Polyethylenterephthalat, PET). Mittels reaktiver Schaumextrusion können wir Schaumstoffe mit guter Lösemittelbeständigkeit, hoher Steifigkeit und Temperaturstabilität herstellen. Diese Eigenschaften sind beispielsweise für Kernmaterialien für Rotorblätter in Windkraftanlagen wichtig. Weiterhin ist der Schaumstoff durch Flammschutzmittel brandbeständig ausrüstbar.
Die Schäumbarkeit eines weiteren Polyesters, Polybutylenterephthalat (PBT), optimieren wir durch supramolekulare Additiven. Diese Additive sind in der Polymerschmelze löslich und bilden beim Abkühlen supramolekulare Nano-Strukturen. Der Einsatz dieser ausgewählten Additive im Extrusionsprozess ermöglicht Schäume mit einer deutlich homogeneren Zellstruktur und kleinen mittleren Zellgrößen. Außerdem können die Druckeigenschaften deutlich verbessert werden.
Im Bereich der Hochtemperaturthermoplaste für das Transportwesen und Elektronik entwickeln wir in anwendungsorientierten Projekten eine thermoplastische Leiterplatte auf der Basis von Polyetherimid (PEI) und leichte, inhärent flammbeständige Schaumstoffe für den Luft- und Schienenverkehr.
Partikelschäume wie expandierbares Polystyrol (EPS), expandiertes Polypropylen (EPP) oder expandiertes Polyethylen (EPE) spielen eine wichtige Rolle im Bereich der Verpackungs-, Dämm- oder Isolationsmaterialien. Vorteile der Partikelschäume sind dabei die geringe und einstellbare Dichte (bis unter 10 g/l), der günstige Preis sowie die einfache Herstellung geschäumter Formteile. Dafür werden Schaumperlen beispielsweise durch Dampfeintrag zu komplexen Geometrien in einem Werkzeug miteinander verschweißt. Die thermischen und mechanischen Eigenschaften von EPS, EPP und besonders EPE sind allerdings limitiert.
Wir beschäftigen uns bei der Materialentwicklung mit der Modifizierung existierender und der Entwicklung neuer Partikelschaumstoffe, beispielsweise für höhere Temperaturbeständigkeit oder Zähigkeit. Für die Partikelherstellung stehen uns Autoklav- und Extrusionsverfahren zur Verfügung. Weiterhin untersuchen wir die Verarbeitbarkeit sowie den Energieverbrauch neuer Partikelschäume im Formteilautomaten.
Wir arbeiten beispielsweise an PLA-Partikelschäumen, die biobasiert als auch bioabbaubar sind. PLA bietet sich zudem wegen des niedrigen CO2-Fussabdrucks als nachhaltige Alternative zu den etablierten Partikelschäumen an. Zentraler Bestandteil unserer Forschung ist dabei die Verbesserung der Schäumbarkeit durch Additive und die Untersuchung der Verschweiß-Mechanismen bei der Formteilherstellung.
In Zusammenarbeit mit der Neuen Materialien Bayreuth GmbH forschen wir zudem an Partikelschäumen aus technischen Thermoplasten. Im Vergleich zu EPS und EPP besitzen Partikelschäume aus PBT höhere Dauereinsatztemperaturen und sind somit für bestimmte Prozesse (z.B. Sandwich-Konsolidierung oder Ofen-Trocknung nach der Lackierung) oder Anwendungen (z.B. im Motorraum) geeignet. Auch hier liegt besonderes Augenmerk auf der gezielten chemischen Modifikation, um die Schmelzefestigkeit und damit die Partikelherstellung bzw. Verschweißung zu verbessern. Gerade bei erhöhten Temperaturen weist E-PBT eine höhere Druckfestigkeit als Standardpartikelschäume auf.
Das Batch-Schäumen ist ein diskontinuierlicher Prozess, das mit einem Autoklav realisiert wird. Grundsätzlich kann dieses Verfahren in druckinduziertes und temperaturinduziertes Batch-Schäumen eingeteilt werden. Im ersten Fall wird durch das Öffnen des Auslassventils ein schneller Druckabfall im Autoklav erzeugt, wodurch das Polymer übersättigt wird. In der Folge finden Zellkeimbildung und -wachstum statt, das Material schäumt auf. Beim temperaturinduzierten Batch-Schäumen wird zunächst das Polymer bei niedrigen Temperaturen unter hohem Druck gesättigt. Durch schlagartige Temperaturerhöhung des gesättigten Polymers, beispielsweise Eintauchen in ein heißes Medium, wird das System thermodynamisch instabil, was zum Aufschäumen des Polymers führt.
Durch die geringe Materialmenge und die gut kontrollierbaren Prozessbedingungen eignet sich das Batch-Schäumen für die systematische Untersuchung der Schäumbarkeit. Das Verfahren hat jedoch auch kommerzielle Bedeutung und wird von einigen Firmen für die Schaumherstellung eingesetzt.
Wir nutzen das Verfahren beispielsweise für die Untersuchung des Schäumverhaltens verschiedenster amorpher und teilkristalliner Polymere. Hierbei analysieren wir den Einfluss der Viskosität, des Kristallisationsverhaltens und der Prozessbedingungen auf die Schaumbildung. Insbesondere die Druckabfallrate besitzt maßgeblichen Einfluss auf die Morphologieentwicklung und die Dichte des Schaumstoffes.
In jüngerer Zeit richtet sich die Aufmerksamkeit der Polymerforschung zunehmend auf Bio-Kunststoffe. Der Begriff Bio-Kunststoff ist dabei allerdings nicht eindeutig definiert und umfasst sowohl Materialien, die sich aus nachwachsenden Ressourcen herstellen lassen und/oder biologisch abbaubar sind. Man zählt allerdings auch Kunststoffe wie etwa Polyethylen dazu, die als Drop-In aus natürlichen Rohstoffen herstellbar sind, sich aber biologisch nicht abbauen lassen.
Ein Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf Polylactid (PLA) – einem Polymer, dessen Ausgangsstoff beispielsweise aus Maistärke über Fermentationsprozesse gewonnen werden kann. Ein weiteres Forschungsgebiet sind Wood Plastic Composites (WPC). Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Thermoplasten und Holzfasern, die rezyklierbar sind, ein geringes Gewicht und gute mechanische Eigenschaften aufweisen.
Das große Potenzial von PLA liegt darin begründet, dass es sowohl biobasiert als auch bioabbaubar ist, vergleichsweise gute mechanische Kennwerte und eine niedrigen CO2-Fußabdruck aufweist. Vor allem für die Verpackungsindustrie ist eine Verarbeitung des Materials durch Schaumextrusion zukünftig interessant und bietet große Chancen hinsichtlich einfacher Entsorgung. Eine große Herausforderung beim Schäumen von PLA ist die geringe Schmelzefestigkeit, weshalb wir verschiedene Modifikationen zur Verbesserung der Schäumbarkeit von PLA sowie deren Auswirkungen auf die Schaummorphologie untersuchen.
WPC bieten eine umweltschonende und nachhaltige Alternative zu bisherigen Polymer-Kompositen mit gleichzeitiger höherer Witterungsbeständigkeit. In Kooperation mit dem SKZ Würzburg forschen wir daher an WPC aus Holzfasern in Kombination mit biobasierten Polymeren.
Die etablierten Partikelschäume EPS und EPP besitzen vergleichsweise niedrige Dauereinsatztemperaturen und sind somit für bestimmte Prozesse (z.B. Sandwich-Konsolidierung oder Ofen-Trocknung nach der Lackierung) oder Anwendungen (z.B. im Motorraum) ungeeignet. Deshalb forschen wir in Zusammenarbeit mit der Neuen Materialien Bayreuth GmbH an Alternativen auf Basis technischer Thermoplaste. Der Polyester Polybutylenterephthalat (PBT) ist für den Einsatz unter erhöhten Temperaturen (ca. 200 °C) geeignet, weist aber eine niedrige Schmelzefestigkeit auf, was das Schäumen erschwert. Durch gezielte chemische Modifikation schaffen wir Partikelschäume herzustellen und zu Formteilen zu verschweißen. Die Formteile aus E-PBT weisen unter Einfluss von erhöhten Temperaturen eine höhere Druckfestigkeit als Standardpartikelschäume auf.
Wir arbeiten zudem am Einsatz von supermolekularen Additiven zur Kontrolle der Morphologie von PBT-Schäumen. Diese Additive sind in der Polymerschmelze löslich und bilden beim Abkühlen supramolekulare Nano-Strukturen. Der Einsatz dieser ausgewählten Additive im Schaumextrusionsprozess führt zu Schäumen mit einer deutlich homogeneren Zellstruktur und kleinen mittleren Zellgrößen. Außerdem können die Druckeigenschaften deutlich verbessert werden. Neben PBT haben wir zudem Erfahren beim Schäumen von weiteren technischen und Hochtemperatur-Thermoplasten.
Seit ihrer Einführung werden synthetische Schäume in vielen Bereichen eingesetzt. Bei den meisten Anwendungen spielen mechanische Eigenschaften eine wichtige Rolle. Die mechanischen Eigenschaften von Polymerschäumen hängen vom Basispolymer, der Schaumdichte, der Zellgröße und weiteren strukturellen Details der Schaumzellen ab. Des Weiteren haben äußere Parameter wie Temperatur und Belastungsrate einen großen Einfluss.
Ein wichtiges Forschungsgebiet ist für uns daher die mechanische Charakterisierung von Polymerschäumen – vom Langzeitkriechverhalten über quasi-statische Belastungsbedingungen bis zu dynamischen Ermüdungseigenschaften. Uns stehen verschiedene Untersuchungsmethoden für Beanspruchungen unter Zug, Druck, Scherung, Biegung und Torsion zur Verfügung. Für einen vertieften Einblick koppeln wir erweiterte Methoden wie Digital Image Correlation (DIC) mit mechanischen Tests.
Duromere Schäume sind poröse, zellulär strukturierte Thermosets. Sie bieten alle Vorteile von kompaktem Epoxidharz mit dem Zusatz einer geringeren Dichte und verbesserten Isoliereigenschaften. Die Zellstruktur kann durch die Wahl verschiedener physikalischer oder chemischer Treibmittel offen oder geschlossenzellig eingestellt werden. Die Verwendung von Templaten wie Hohlkugeln resultiert in geschlossenzelligen Strukturen oder sogenannten syntaktischen Schäumen. Bei der Herstellung duromerer Schäume laufen die Mechanismen zum Aushärten und Aufschäumen parallel ab. Um eine optimale Morphologie und die bestmöglichen Eigenschaften zu erhalten, sind für das jeweilige System optimale Prozessbedingungen notwendig.
Aufgrund der langjährigen Expertise in Epoxidharzen fokussieren wir uns auf diese Materialklasse. Epoxidharze weisen zudem hervorragende Eigenschaften hinsichtlich Tg, chemischer Stabilität und thermomechanischen Eigenschaften auf. Der aktuelle Trend ist dabei die Verwendung von CO2 als Treibmittel, um ein umweltfreundliches Verfahren zum Schäumen von Epoxidharzen zu etablieren. Das CO2 kann dabei zunächst in einem vorgelagerten Syntheseschritt an einen Aminhärter angelagert werden, um ein Carbamat zu bilden. Dieses kann später als Additiv mit einer dualen Funktion (als Treibmittel und Härter nach dessen Zersetzung) in das Harz eingebracht werden. Das CO2 kann auch direkt gasförmig als Treibmittel für ein vorgehärtetes Epoxid-System mit dem Solid-State Verfahren eingesetzt werden.
Für eine effiziente Herstellung von Polymerschäumen ist ein grundlegendes Verständnis der rheologischen Eigenschaften treibmittelbeladener Polymerschmelzen notwendig. Schon durch relativ niedrige Treibmittelkonzentrationen kann die Viskosität der Polymerschmelze erheblich verringert werden. Die experimentelle Untersuchung der Rheologie treibmittelbeladener Polymerschmelzen erfordert besondere Methoden, da die Geräte hohen Drücken wiederstehen und dabei absolut gasdicht sein müssen.
Uns stehen hierfür zwei Methoden zur Verfügung – eine Druckzelle für ein Rotationsrheometer für geringe Scherraten und eine eigens entwickelte Düse für unsere Schaumextrusionsanlage (in-line Rheometer) für hohe Scherraten, die typisch für die Schaumextrusion sind. Mit beiden Methoden lässt sich ein tiefes Verständnis für den Einfluss von gelösten Treibmitteln auf die Fließeigenschaften von Polymeren generieren.
Desweiteren untersuchen wir die dehnrheologischen Eigenschaften, um die Schmelzefestigkeit und Dehnverfestigung zu ermitteln. Auch hierfür stehen zwei Dehnrheometer zur Verfügung.