Verbundwerkstoffe
Faserverbundwerkstoffe verbinden geringes Gewicht mit exzellenten mechanischen Eigenschaften und sind deshalb das Material der Wahl für Anwendungen, in denen Leichtbaukonzepte gefragt sind. Das Anwendungsspektrum für faserverstärkte Kunststoffe hat sich in den letzten Jahren rasch vergrößert. Darüber hinaus birgt die Faserverbundbranche auch in der Zukunft noch großes Wachstumspotential.
Wir forschen an Faserverbundwerkstoffen und Fertigungstechnologien. Besonderes Augenmerk liegt auf der gezielten Modizierung der Matrix, um beispielsweise die Zähigkeit, die Verarbeitbarkeit oder die Flammschutzeigenschaften des Faserverbundwerkstoffes zu beeinflussen. Unser Wissen über die gezielte Anpassung von Harzsystemen wenden wir mittlerweile auch in anderen Anwendungsgebieten wie der Medizintechnik an.
Ausgewählte Anwendungen unserer Forschung
- Transportwesen (Leichtbau, Wasserstofftechnologie)
- Energietechnik (Leichtbau / Windenergie, Funktionsintegration)
- Medizintechnik (Reinharzformulierungen)
- Sporttechnologie
Die polymere Matrix der Faserverbundkunststoffe bestimmt bedeutende Gebrauchseigenschaften des Verbunds wie thermische Beständigkeit, Schadenstoleranz und Ermüdungsverhalten. Aber auch die Herstellbedingungen des Verbundwerkstoffs werden durch die rheologischen Eigenschaften der Matrix und ihrer Härtungskinetik festgelegt, und damit die Wirtschaftlichkeit des gesamten Fertigungsprozesses.
Eines unserer wesentlichen Forschungsgebiete ist die gezielte Modifikation von duroplastischen Matrixsystemen mit dem Ziel Anwendungs- und prozessrelevante Eigenschaften maßzuschneidern. Die Arbeiten konzentrieren sich dabei vorwiegend auf Epoxidharze, umfassen aber auch Forschungsthemen auf den Gebieten der Polyester-, Polyurethan, Acrylat- und Benzoxazinharze.
Beim Prozess liegt der Fokus auf den gängigen Verarbeitungsverfahren zur Herstellung von Faserverbundkunststoffen wie Prepreg-Imprägnierung, Resin-Transfer-Moulding (RTM), Vakuum-Infusion und Wickeln
Für das Infusionsverfahren und die Prepreg-Halbzeuge haben wir die gesamte Prozesskette von der Harzformulierung über die Verarbeitung bis zur Laminatcharakterisierung unter einem Dach. Die Ausstattung umfasst insbesondere eine 2-Komponenten-RTM-Anlage, eine Anlage zur Imprägnierung duroplastischer Prepregs sowie ein Testing-Center mit umfangreicher Ausstattung zur mechanischen Charakterisierung von Faserverbunden. Die Harzentwicklungen können somit direkt validiert werden.
Schwerpunkte der Harzmodifikationen am Lehrstuhl liegen dabei auf:
- Optimierung der Härtungskinetik bspw. die Formulierung latenter Systeme und des rheologischen Verhaltens
- Erhöhung der Bruchzähigkeit ohne Einbußen sonstiger Materialkennwerte und Prozessparameter
- Untersuchungen der Hoch- und Tieftemperaturbeständigkeit und des Alterungsverhaltens
- Maßschneidern der elektrischen Leitfähigkeit und der Wärmeleitfähigkeit
- Entwicklung von individuellen Flammschutzkonzepten und Untersuchung des Brandverhaltens
Ansprechpartner: M. Sc. Michael Hoffmann
Telefon: +49 921 55 7472
UV-härtende Harzsysteme verfügen im Vergleich zu thermisch-härtenden Systemen über ein deutlich schnelleres Reaktionsverhalten sowie höhere Vernetzungsgeschwindigkeiten. Diese Charakteristika qualifizieren die UV-Härtung als Schlüsseltechnologie für die Realisierung kürzerer Prozesszeiten sowie signifikanter Energieeinsparungen.
Derzeit kommen die dargestellten Vorteile bereits im Lack- und Klebstoffbereich sowie in der Additiven Fertigung zur Anwendung. Darüber hinaus kommt es aktuell verstärkt zu einer Implementierung dieser Technologie bei Faserverbundwerkstoffen, wobei gegenwärtig vorzugsweise Glasfasern eingesetzt werden. Dabei spielt die vollständige und schnelle Tiefenhärtung eine zentrale Rolle, welche mit neuartigen Techniken wie der „Frontal Polymerization“ erzielt werden können.
Eines unserer wesentlichen Arbeitsgebiete ist die gezielte Modifikation von UV-härtenden Harzsystemen. Ziel ist es dabei prozess- sowie anwendungsrelevante Eigenschaften von Harzsystemen zu kontrollieren, um maßgeschneiderte Eigenschaften verschiedenster Systeme zu realisieren. Im Fokus stehen hierbei neben kationischen Epoxidharzsystemen, welche in Kombination mit unterschiedlichen Additiven (Beschleuniger, Photosensitizer, Reaktivverdünner etc.) untersucht werden, vor allem radikalische Acrylatharze.
Unter dem Gesichtspunkt der prozessseitigen Optimierung werden vordergründig das Viskositätsprofil sowie die Härtungskinetik angepasst. Bei der Untersuchung anwendungsrelevanter Eigenschaften sind beispielhaft Temperaturbeständigkeit, Zähigkeit, Wärmeleitfähigkeit sowie elektrische Isolation bzw. Leitfähigkeit oder das Brandverhalten zu nennen. Zur Charakterisierung UV-härtender Harzsysteme stehen uns u.a. eine Photo-DSC, Photo-DEA, UV-Rheometer sowie verschiedene Lichtöfen zur Verfügung. Darüber hinaus bietet das lehrstuhleigene Testing-Center einen umfangreichen Maschinenpark. Hier können zahlreiche mechanische Kennwerte sowohl von Reinharzen als auch von Verbundwerkstoffen ermittelt werden.
Ansprechpartner: M. Sc. Michael Hoffman
Telefon: +49 921 55 7472
Als „Prepregs“ bezeichnet man Halbzeuge zur Herstellung von Faserverbundbauteilen bestehend aus Endlosfasern, imprägniert mit einem unausgehärteten Matrixpolymer. Die Fasern können dabei sowohl als unidirektionale Schicht als auch als Gewebe oder Gelege angeordnet werden.
Durch den Einsatz von Prepregs ist es möglich, den Imprägniervorgang der Fasern von der Formgebung des Bauteils zu trennen. Dies erlaubt es komplexere Geometrien und höhere Faservolumengehalte zu realisieren. Die Verarbeitung der Prepregs kann durch manuelles Zuschneiden und Ablegen erfolgen, für die industrielle Anwendung sind aber vor allem automatisierte Ablageprozesse von Bedeutung. Die Reproduzierbarkeit dieser Fertigungsprozesse qualifiziert die Prepreg-Technologie für die Serienproduktion im Hochleistungs-Leichtbau, zum Beispiel für Strukturbauteile in der Luftfahrt.
Von besonderer Bedeutung sind Prepreg-Materialien für grundlegende Fragestellungen auf dem Gebiet der Faserverbundkunststoffe: Die mechanischen Eigenschaften von Verbundwerkstoffen können an aus unidirektionalen Prepregs aufgebauten Laminaten mit definiertem Harzgehalt und mit geringster Streuung im Vergleich zu allen anderen Fertigungstechnologien ermittelt werden. Dies ermöglicht die systematische und präzise Aufklärung von Zusammenhängen zwischen Reinharz- und Verbundeigenschaften.
Wir beschäftigen uns zudem mit der Formulierung maßgeschneiderter Prepreg-Harzsysteme. Von entscheidendem Einfluss auf die Verarbeitbarkeit sind vor allem Lagerstabilität sowie Viskosität und Härtungskinetik des Matrixpolymers. Darüber hinaus gilt es im Hinblick auf maschinelle Ablageprozesse die Oberflächenklebrigkeit der Prepregs, den sogenannten Tack, bestmöglich einzustellen. Die anwendungsorientierte Optimierung der Matrixsysteme geht eng mit den Forschungsaktivitäten auf den Gebieten halogenfreier Flammschutz, Zähmodifikation und duroplastische Nanokomposite einher.
Unsere lehrstuhleigene Prepreganlage ist speziell für die Entwicklung und Charakterisierung neuer Prepreg-Harzsysteme ausgelegt. Die Anlage ermöglicht es, reproduzierbar und mit geringen Harzmengen Prepregs in Luftfahrtqualität im Hotmelt-Verfahren herzustellen. Die Verstärkungsfasern können dabei sowohl direkt als Roving über eine in-line Spreizeinheit zugeführt oder als Gewebe abgewickelt werden. Eine Besonderheit der Anlage stellt das innovative und äußerst flexible Auftragswerk dar, welches ein Walzenmodul, ein Kommarakelsystem und ein Harzbad vereint. Mit dieser Konfiguration können Matrixsysteme über einen Viskositätsbereich von ca. bis 10 bis 50.000 mPas verarbeitet werden und es kann zudem die Prozessierbarkeit mittels verschiedener Imprägniertechnologien ohne Umbauaufwand verglichen werden. Die B-Staging Zone umfasst zwei Kalander und ermöglicht Temperaturen oberhalb 200 °C, so dass auch Hochtemperatursysteme, wie Benzoxazine oder Cyanatester-Harze auf der Anlage verarbeitet werden können.
Unsere Ausstattung ermöglich die umfangreiche thermoanalytische, rheologische und mechanische Untersuchungen an Prepreg-Harzsystemen, sowie Laminate aus Prepregs im Pressverfahren herzustellen und ebenfalls umfassend thermisch und mechanisch (quasistatisch und dynamisch) zu charakterisieren.
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Harzinjektionsverfahren werden in einer Vielzahl von sehr unterschiedlichen Bereichen zur Fertigung von Faserverbundwerkstoffen eingesetzt und lösen in zunehmendem manuelle Fertigungsverfahren ab. Eine besondere Bedeutung hat das Resin-Transfer-Moulding (RTM) mit dem Einzug der endlosfaserverstärkten Kunststoffe in die automobile Serienfertigung erlangt. Neben ökonomischen und materialspezifischen Vorteilen zeichnen sich RTM-Verfahren im Wesentlichen durch eine deutlich bessere Oberflächenbeschaffenheit der Bauteile, eine verbesserte Reproduzierbarkeit sowie der Möglichkeit der vergleichsweise einfachen Integration von Kernen und Inserts aus.
Harzinfusionsverfahren bieten sich besonders für großflächige Bauteile, da hier nur eine formgebende Werkzeughälfte benötigt wird und somit Investitionskosten eingespart werden können. Als Konsequenz hieraus ergibt sich im Vergleich zu den Injektionsverfahren ein geringerer Infusionsdruck, der maximal dem vorherrschenden Umgebungsdruck entspricht. Diese Einschränkung der Prozessparameter muss bei der Auslegung des Fertigungsprozesses durch den Einsatz entsprechender Hilfsmittel wie z. B. Fließhilfen, Membranen, spezielle Textil- und Laminatarchitekturen, Fließkanälen im Bauteil, mehreren Angusspunkten etc. berücksichtigt werden.
Auf dem Gebiet der Injektionsverfahren beschäftigen wir uns mit der Entwicklung schnell härtender Systeme für RTM-Prozesse. Neben der Härtungskinetik, die eine niedrige Viskosität bis zur Formfüllung und anschließend eine sehr schnelle Aushärtung ermöglichen soll, stehen insbesondere die Erhöhung von Temperaturbeständigkeit und Zähigkeit sowie die Verbesserung des Brandverhaltens der Verbundwerkstoffe im Vordergrund.
Entwicklungen im Bereich der Infusionsverfahren adressieren vorwiegend die Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen. Für die einzusetzenden Harzsysteme ist dabei eine ausreichend lange Topfzeit erforderlich, um die Verstärkungstextilien vollständig zu infiltrieren. Gleichzeitig müssen die Matrixsysteme eine hervorragende Ermüdungstoleranz aufweisen, um die Zuverlässigkeit in der Anwendung zu gewährleisten. In unserem Labor für dynamische Prüfung können die Ermüdungseigenschaften der hergestellten Laminate unmittelbar charakterisiert werden.
Nur in wenigen Fällen sind Werkstoffe in Faserform trotz ihrer überragenden gewichtsbezogenen Festigkeiten bzw. Steifigkeiten als Bauteil zielgerichtet verwendbar. Faserverstärkte Kunststoffe bestehen daher aus Fasern und einer Matrix, die als Einbettmasse dient. Maßgebenden Einfluss auf die Eigenschaften des Verbundes hat neben dem Matrix- und Fasermaterial vor allem die Faserarchitektur, die es ermöglicht anwendungsspezifische Eigenschaften darzustellen.
Im Zuge der Fertigung von Bauteilen in „Liquid Composite Moulding“-Verfahren (LCM), z. B. unter Verwendung des für die Automobilindustrie relevanten „Resin Transfer Moulding“-Prozesses (RTM) ist es notwendig, die Fasern in trockener Form in Bauteilkontur zu drapieren und den für das Bauteil erforderlichen Lagenaufbau zu fixieren. Dafür können sowohl Nähprozesse, als auch binderbasierte Verfahren eingesetzt werden.
Unsere Forschungsarbeiten umfassen einerseits Untersuchungen zum Einfluss des Nähprozesses und der Garnmaterialien auf die Laminateigenschaften. Zum Anderen werden Bindersysteme entwickelt, welche zu hohen Preformstabilitäten führen und gleichzeitig die Laminateigenschaften und den Fertigungsprozess nicht beeinträchtigen. Aktuelle Arbeiten beschäftigen sich zudem mit der Entwicklung funktioneller Binder, welche zu gezielter Eigenschaftsoptimierung des Laminats (z. B. Zähigkeitserhöhung) beitragen.
Polymerschäume als Kern für Sandwichstrukturen finden Anwendung im Baugewerbe, in der Logistik, im Schiffsbau, im Flugzeugbau, in der Automobilindustrie, in der Windenergie und vielen anderen. Diese Materialklasse ist schon lange bei Ingenieuren beliebt, da eine perfekte Kombination aus Festigkeit und Beanspruchbarkeit für ein bestimmtes Gewicht erhalten werden kann. Moderne Sandwichstrukturen bieten hinsichtlich Kosten, Gewichtsreduzierung und Zuverlässigkeit wirtschaftliche Vorteile.
Ein großes Anwendungsgebiet von Sandwichstrukturen ist beispielsweise die Windenergie. Die Rotorblätter von Windenergieanlagen nutzen gezielt Sandwichverbunde, um die Steifigkeit und Beulfestigkeit der Strukturen unter den enormen Lasten zu erhöhen. So werden beispielsweise polymere Schaumstoffe und Balsa-Holz als Kernmaterial für die Sandwichstruktur genutzt. Bei dem Einsatz verschiedener Kernmaterialien können Gewicht, Preis und Zuverlässigkeit optimiert werden.
Wir beschäftigen uns besonders mit der fertigungstechnischen und mechanischen Analyse von Sandwichverbunden. Um die Belastungsfälle möglichst realitätsnah abzubilden, entwickeln wir zudem neue Prüfverfahren für die statische und dynamische Prüfung. Auf Basis unserer umfangreichen Expertise bei Schaumstoffen entwickeln wir auch neuartige Kernmaterialien für verschiedene Anwendungen.
Während lange Zeit duromere Matrixsysteme dominierten, wächst in den letzten Jahren der Markt für thermoplastische Verbundwerkstoffe stetig. Kürzere Zykluszeiten, eine höhere Schadenstoleranz sowie die Umformbarkeit und Recyclingfähigkeit der Materialien sind die Treiber dieser Entwicklung. Gebremst wird eine Ausweitung des Einsatzes von thermoplastischen Verbundwerkstoffen oft noch durch die vergleichsweise hohe Schmelzeviskosität und dadurch entstehende Herausforderungen für eine vollständige Faserimprägnierung.
Um sich dieser Herausforderung zu stellen, haben wir einen bisher einzigartigen Prototyp zur Imprägnierung von Organoblechen entwickelt. Das Verfahren ermöglicht es, dass Schmelze direkt aus dem Extruder zwischen zwei Faserlagen eingebracht und mithilfe einer speziellen Imprägniereinheit homogen im Gewebe verteilt wird. Dadurch werden die in der Regel üblichen vorgeschalten Prozessschritte, wie die Herstellung von Folien oder Pulvern, überflüssig. Diese Direktimprägnierung führt zu einer deutlich verbesserten Wirtschaftlichkeit der Herstellung und eröffnet damit neue Anwendungsfelder. In der Vergangenheit wurden durch diese innovative Technologie erfolgreich Organobleche mit verschiedenen Matrixsystemen hergestellt – vom Standardkunststoff Polypropylen (PP) bis zum Hochleistungsthermoplasten Polyetherimid (PEI).